im Bibliodrama und in der Beratung - Heidemarie Langer, M.A.

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Vorträge und Veröffentlichungen

Erfahrungen mit Grenzen im Bibliodrama und in der Beratung

Vortrag am 8. Januar 2005 auf der Tagung:
Treffen an der Grenze
Jakob als Beispiel
Zum Risiko von Seelsorge und Therapie

Wozu kommen Menschen ins Bibliodrama, in Kurse zur Spiritualität
und auch zur persönlichen Beratung?

Um Zeit für sich selbst zu haben,
um sich auf die Spur zu kommen,
um wieder zu sich selber zu finden,
bei sich selbst anzukommen,
um zu ihren Wurzeln zu finden, zur Quelle -
um das Göttliche, das Geistige, das Heilige wahrzunehmen.

Dafür, so sagen sie, kommen sie für eine bestimmte Zeit an einem Ort
zum Erleben einer biblischen Geschichte zusammen, zum Bibliodrama.

Sie wählen also eine für sie gut erscheinende Umgrenzung,
einen eingrenzenden Rahmen
mit einer bestimmten Geschichte,
mit vereinbarter Zeit wie Ort und Gruppe.
Diese freiwillig gewählte Umgrenzung,
diese für gut befundenen Rahmenbedingungen
sind wie eine verlässliche Hülle,
die Raum öffnet.
Gute Eingrenzung ermöglicht Raum.

Zeit, Ort, Text, freiwillig zusammenkommende Gemeinschaft.

Ich erwähne diese guten Raum öffnenden Grenzen,
da wir sie brauchen und ersehnen
in einer Zeit, in der wir oft keine haben, und uns mit einengenden Grenzen abmühen: zeitbegrenzt, gehetzt, überfordert mit immer mehr in immer weniger Zeit, institutionell begrenzt, in Bedingungen eingeengt,
um Abgrenzungen und Freiräume kämpfend.
Wo man auch hinhört, regen sich Menschen über Eingrenzungen und
Begrenzungen auf.
Grenzen, auch diese, machen uns hellewach.
Wir können wach werden, uns bewusst werden, was sich in unserer Aufregung wesentlich in uns auf regt.

Ja, wir suchen Räume,
wo unser innerer Raum aufatmen kann und
wir wieder zu uns selbst finden.
Räume,
wo wir uns sammeln, auf den Grund kommen,
wesentlich werden
und unser Selbst, ja, unser tiefes Wissen wieder finden.
Räume,
Erlaubnisräume,
wo wir uns spielend entdecken
und unsere innere Freiheit wieder aufatmet, aufblüht -.

Dass wir uns wieder als schöpferische, Gott erschaffene Begabte erleben,
- mit Lust über Grenzen hinaus
in immer mehr Freiheit
hinein wachsende Menschen –
darin aufzuleben und darin weiter zu wachsen,
dafür brauchen wir guten Raum (gute Eingrenzung).

Im Bibliodrama
ist dies vor allem der Text.
Ich wähle immer einen solchen, von dem ich überzeugt bin,
dass er unser Sein und Werden in Sammlung und Freiheit fördert.

In der Vorbereitung gehe ich lange mit dem gewählten Text um.
Wenn ich gestalten und begleiten will, muss ich mich in seinem Gedankengebäude auskennen; die Themen, Motive, Gestalten, Begegnungen für mich selbst durcharbeiten.
Ich brauche, im Text selbst zuhause zu sein, in ihm zu leben, ihn in mir
einwohnen zu lassen, um später mit Menschen durch seine Räume gehen
zu können, neue mit ihnen zu entdecken.

Welche der vielen möglichen werden wir gemeinsam erkunden ?
Wo im weiten Raum der Geschichte wird der Text dem jetzigen Leben
der Menschen begegnen ?
Wo werden Worte sie unmittelbar treffen, an sie grenzen, uns angrenzen ?


Dies ist mein Interesse:
Sich im weiten Raum des Textes
in Gemeinschaft erfahren
und sich angrenzen, sich treffen lassen.

Weite und wahrhaftige Begegnung.


Immer wieder fallen mir dazu Gedichtzeilen von Ingeborg Bachmann ein:
„Sind hierorts Häuser grün, tret ich noch in ein Haus.
Sind hier die Brücken heil, geh ich auf gutem Grund.
Ist Liebesmüh in alle Zeit verloren, verlier ich sie hier gern.

Grenzt hier ein Wort an mich, so lass ich`s grenzen.“

Im Anfang eines Bibliodramas
gehen wir gemeinsam in den Raum hinein.
Wir gehen und bekommen wie von selbst Boden unter die Füsse
im Angrenzen an die Erde, denn im bewussten Angrenzen
entsteht diese Kraft.

Wir gehen, sehen, grenzen aneinander, begrüssen uns.
(Haben Sie sich schon begrüsst ? Was geschieht an dieser Grenze,
wenn Sie sich die Hand geben?
Wie fühlt sie sich an – jetzt – im Vergleich zu der anderen, die nicht
gegeben hat? –
Diese Energie entsteht an der Grenze,
wo wir Kontakt annehmen.)


Wir gehen in den Text hinein,
lesen ihn miteinander, kommen einander hörend in zunehmenden Kontakt.
Wir bringen die unterschiedlichsten Übersetzungen zu Gehör.

Und wo wir lang umhergehend immer wieder diesen selben
Text in seiner Eingrenzung laut lesen, entsteht Sammlung im Raum und eine Ahnung von Zusammengehören.

Wir sind in einem Raum Text, den wir gemeinsam hören,
der uns gemeinsam gehört,
zu dem w i r gehören.

Wir gehören in dieses Ganze,
das weit vor uns
jetzt bei uns
unter uns zu Gehör kommt
und uns hinein sammelt.

Gerade in diesen bescheiden anmutenden Anfängen,
in denen wir nur lesen und zu Gehör bringen,
kommt unausgesprochen ins Erleben,
dass wir nicht isolierte Individuen sind,
sondern Teil nehmende in dieser sich hier bildenden Gemeinschaft;
und ebenso Teilnehmende im Textraum einer grossen weiten Gemeinschaft derer, die diese Geschichte erlebt haben,
vielleicht all derer,
die je mit diesem Text gelebt haben.


Dieses Ganze ist vor uns.
Und wie wir uns einlesen und einlassen
in die Grenze dieses einen Textes,
öffnen wir den Raum,
öffnet er selbst seine Grenzen wie ins Zeitübergreifende-umgreifende,
und wir sind Teilnehmende in e i n er grossen Gemeinschaft.

Sich ans Angrenzende einlassen öffnet weiten Erfahrungsraum.

Dieses über Tage in den ganzen Textraum- Hineingehen
kommt mir manchmal so vor wie ein Hineingehen in ein Gotteshaus.
Erinnern Sie sich an eine Kirche, einen Dom, ein Gotteshaus,
in das Sie gern hineingehen oder hineingegangen sind.

Was ist dort gut ?

Sie haben um die Kunst der Grenzen gewusst, dass dieser Raum so ist wie er ist.
Sie wussten um Proportionen, um Akustik,
um Sternenordnungen und Musik, die sie in Architektur und Steine umsetzten,
und die einen Raum ermöglichen, der voller guter Grenzen und Ordnungen unsere eigenen in uns selbst anrührt.

Ein Raum, der ordnet.
Ein Raum, der alle Gedanken, Worte, Gesänge, die hier über Generationen gebetet worden sind, in sich aufgenommen hat,
und sie nun als
Atmosphäre im Raum zu uns bringt.

Da gehe ich hinein, nehme teil,
stimme ein – gebe mich ein, wirke mit.


So ist mir mancher Textraum,
in dessen ordnender Liturgie, Themen und Weisungen
viele Generationen gelebt haben,
wie ein weiter unsichtbarer grosser Raum,
ein Haus Gottes, ein Tempel des Geistes,
der zeit-übergreifend zu uns bringt, worin auch sie lebten.

Ja, manchmal erlebe ich den Text im Bibliodrama,
die Geschichte, Worte
wie einen weiten wissenden Raum,
in dem alle Tradition zeitfrei j e t z t lebendig mitwirkt.
Wo wir hineingehen, uns einlassen und vertiefen,
kommt uns Weisung zu aus einem grossen Feld
und rührt unser eigenes inneres Wissen an.

Ist es also wahr und wirklich, dass wir, wie manche sagen,
in einem uns alle miteinander verbindenden gemeinsamen
Gedächtnis leben?


Wo grenzt es uns an?
Was ist es, das uns zukommt?
Wo grenzt der Text mich an – ich an ihn?

Dieses ist mir eine der spannendsten Fragen und Wege im Bibliodrama,
Vielleicht ist sie das Zentrum.


Wir stehen vor dem leeren Raum.
In einer Reihe stehen wir und stellen uns vor, dass hier vor uns im
Raum der ganze Text lebt. Textraum, Textfeld.
Ich werde nun die Geschichte langsam laut lesen
und bitte die Menschen, ganz konkret seelisch - körperlich in den Raum
des Textes zu gehen
und dort stehen zu bleiben, wo sie merken, dass hier ihr derzeitiger
Ort in der Geschichte ist.


Welche Reise!
Ich lese – sie gehen.
Hier bleibt jemand stehen; dort eine andere.
Andere gehen weiter im Text
Verorten sich an anderer Stelle.
Und ich staune.
Jedesmal wenn ich dieses anleite, staune ich,
dass und wie jede und jeder seinen Ort findet im Ganzen der Geschichte.
Sie wissen es.
Ihr Körper weiss es im Gehen,
ihre Seele, ihre je ganz eigene Lebensgeschichte.


Denn das ist es, was hier geschieht:
An diesem Ort, den jede und jeder findet,
grenzt der Text an ihren eigenen Lebenstext und Kontext.
An diesem Ort begegnet ihnen die grosse Geschichte
ganz persönlich, ganz eigen.
An diesem Ort geschieht Angrenzen d e s Wortes.

Und sie geschieht jedem,
das ist mein Staunen.
Und wo sie es annehmen..?


Manchmal ist die Atmosphäre so dicht,
dass ich die Menschen da wie Hirten auf dem Felde stehen sehe,
wie Könige, Königinnen an dem Ort, wo ihr Stern stehen bleibt.

Aber Achtung, es ist m e i n e Wahrnehmung,
ich muss jetzt sehr achtsam sein.
Der Engel sei jetzt an der Furt zwischen der Gruppe und mir.

Ich habe die Menschen mit dem Text an eine Grenze geführt.
Und nun muss ich innerlich weit zurücktreten
und Wege finden,
dass sie mit der Erfahrung, in der sie jetzt stehen,
f r e i umgehen können!

Wie heisst dieses Wort,
der Satz, der mir hier begegnet?

– überrascht er mich – erfreut er mich – erschrickt er mich?

Mag ich dieses Wort an mich heranlassen, diesem Satz begegnen?

Jeder, jedem entsteht eine Erfahrung an der Grenze.
Kontakt, Begegnung, Widerstand.

Denn was ist mit mir und diesem Wort in meinem Leben?
Was sagt es mir?
In welcher Spur trifft es mich?

Manchmal denke und erlebe ich:
mehr braucht es nicht, als dieses gut zu begleiten.
Und um es begleiten zu können,
ist es seinerseits für mich wegweisend, dass ich die Menschen
wie Königinnen und Könige unter ihrem Stern sehe.

Ich glaube, ich bin an dieser Stelle, wo der Text den Menschen begegnet, so wach,
weil ich mich als Jugendliche und auch später im Studium
so sehr und manchmal verzweifelt darum bemühte, DAS Wort zu hören –
und nicht erreichte -
bis mich einmal ein Wort so traf,
dass ich wahrnahm,
dass sich mir DAS Wort
in diesem einen kleinen mitteilte.

Wie ein Blatt am Baum,
das sich nicht in den ganzen Blätterwald ausdehnen muss,
um dessen Saft und Kraft zu spüren,
sondern
nur einfach Blatt zu sein braucht
und zu erleben,
an seinem Ort zu erleben,
wie ihm das Leben aus dem Ganzen zuströmt.

In jedem Teil lebt die Information des dazugehörenden Ganzen.
In jedem Blatt
In jedem Wort –

Nicht nur im Bibliodrama, auch in der Beratung
achte ich sehr auf Worte,
in denen die Menschen leben und, wo möglich, aufleben.


Manchmal ist das eine echte Aufgabe.
Z. Bsp. wo ich im Seitenwechsel
zum Leitbild einer Firma als Beraterin angefragt werde.
Da hab ich mich einmal durchaus dabei erwischt, dass ich
beim Lesen des Textes erst mal schlucken musste und mich selbst
an mein Wissen zu erinnern brauchte, dass Information und Geist in j e d e m
Wort lebt. Also gut –
in j e d e m ein Angrenzen an das weite Feld,
wenn man sich einlässt und begegnet.
Wenn man sich einlässt -
doch das ist im Vertrag nicht vorgesehen.
Der Text soll für die Effektivität der Abteilung diskutiert werden.

Und doch – und dennoch:
In den Momenten, wo die Mitarbeitenden
ihren Teil im Leitbildtext benennen, für den sie begabt sind
und vordringlich verantwortlich sein wollen,
wo sie also
ihre ganz eigene Verortung im Text finden und sagen,
da leuchtet etwas auf in ihren Worten.


Das wirkende Feld ist großzügiger und weiträumiger
als meine Vorstellung.

In Begegnung hineinführen – und dann geschehen lassen-
entstehen lassen, das ist meine Aufgabe und Grenze -
und dem Geschehenden wirkende Kraft zutrauen –.

Was alles bewegen wir Leitende und Beratende
durch unsere Grundhaltung?

Gefragt ist sie sicherlich in Einzelberatungen und Coachings,
wo es keinen weiteren vorgeschriebenen oder ausgewählten Text
als Raum und Gegenüber gibt.

Hier ist der Mensch nur mit seinem eigenen Thema da, seinen Fragen,
seinem Kontext. Und ich bin als Beraterin mit meiner ganzen Präsenz angefragt, Gegenüber zu sein, anzugrenzen und langsam mit dem Menschen im Dialog einen Raum zwischen uns zu öffnen, zu bilden.
Inter-Esse, Vertrauen.
Sie wissen das.

In der Einzelberatung geschieht ja das Umgedrehte zur Arbeit im äusseren Textraum und dem Angrenzen der Einzelnen in ihm.
Hier b e g i n n t es mit der Grenze; mit einer, in der der Mensch allein nicht weiterkommt und ein Gegenüber sucht, das mit hilft, seine Grenze zu verstehen,
zu weiten, den Raum wieder zu öffnen.

Er kommt, damit einer diese Grenze mit aushält,
vielleicht sogar erst einmal stellvertretend für ihn -
sodass er sich langsam selbst aushält
und die Grenze annehmen und anschauen kann.

An der Grenze den Raum offen halten,
bis er sich öffnet.
Jede Beratung lebt in der Spur von Jakobs Ringen an der Furt.

Ich verbinde mich mit dem Menschen in seiner Grenze
und gleichzeitig mit dem sich Ermöglichenden.
Ich weiss, dass kostbare Information in seiner Grenze steckt,
sonst würde er, es da nicht stocken.
Ich öffne innerlich meinen Raum in und an dieser Grenze,
bin ganz bei mir, bei ihm,
und spüre frei über uns hinaus in das angrenzende Mögliche.

Etwas wird sich öffnen aus dem tiefen Wissen,
dem inneren Textraum des Menschen
oder aus dem weiten über uns hinausgehenden kreativen Feld.
Den Raum offen halten bis er sich öffnet.


Ich weiss, welche Kraft in diesem Zutrauen liegt,
da einmal ein Mensch in meinem eigenen Leben an einer wesentlichen Grenze
an mich glaubte, an mich und mein schöpferisches Werden.
Diesen Glauben habe ich gespürt.
Er ist mehr als Worte und feiner als Ausstrahlung. Es ist geistiges Geschehen.
Ja, Glaube k a n n Berge versetzen, das Hindernis öffnen helfen.
Stellvertretender Glaube schenkt,
überträgt Vertrauen.

In manchen Beratungssituationen, wo ich diesen Raum nicht
lange ruhig, aktiv, frei und offen halten kann,
- meist aufgrund zu vieler eigener Gedanken -
bete ich um ihn,
schliesse mich innerlich der Kraft göttlicher Liebe an.
„Lege dein Wesen an den Rand“, heisst es in der Meditation.

F r e i möge etwas aus dem tiefen Wissen des Menschen aufkommen,
eine Spur aus kreativer Weite -
ein Gedanke,
ein Einfall?


Jede Beratung an der Grenze lebt in der Spur von Jakob
in der Begegnung mit der anderen Kraft.


Wenn ein Mensch an eine Grenze gekommen ist
und bisheriges Wissen nicht mehr geht,
so schau ich zuzeiten, ob es möglich ist, dass wir
gehen, einfach rausgehen und gehen.
Sie ahnen, was hier geschieht
im Angrenzen an die Erde, im Kontakt zum frei werdenden
Atem.
Es geht. Körperlich geht es.
Eines wird auch seelisch wieder gehen.
Dieses noch nicht wissen müssen, einfach nur begehen…


Manchmal bringen mich Themen der Menschen an eine eigene
Innere Grenze.
So war es, als dieser Mann, der sich lang vergewissert hatte,
dass hier wirklich ein verschwiegener Raum sei –
aus sich h e r a u s kam,
ja, als es aus ihm herausbrach, dass er am Ende sei
mit seinem Unternehmen, und dass er nun vor sich sähe, wie er seinen
Mitarbeitenden kündigen müsse. Er sah sie förmlich vor sich, sie und
ihre Familien, die er nun ins Elend stürze, da er die Firma nicht halten
könne.


Ich darf nicht mitheulen – oder doch?
Ich kannte dieses Thema doch bislang nur von der anderen Seite her,
von Menschen, die sich in ihrem Arbeitsplatz bedroht fühlen.
Ich hatte auch kein Bild von einem Unternehmer in mir, der in seinem
Innersten getroffen ist und sich zeigt.

„So wertvoll sind Ihnen die Menschen.“ sage ich.
Er erzählt, was sie ihm bedeuten. Perlen, Perlen.
Ich ermutige ihn, noch weiter zu erzählen, frage nach, staune.

Sein Gesicht verändert sich, seine Stimmung.
Je mehr er erzählt, wie wertvoll sie ihm sind, desto gefasster wirkt er,
ja, fast heiter, (entschlossen).
Dann schweigt er,
sieht mich an.

„Wissen Sie, ich probiers noch mal.
Ich mach einen neuen Anlauf.
Ich rede mit meinen Mitarbeitern.
Ich entlasse sie nicht, ich sprech mit ihnen.
Wenn sie auch wollen, wenn sie mitmachen,
nehmen wir einen neuen Anlauf.“

Über die Grenze -

Und ich habe eine Lektion bekommen, was ein Unternehmergeist
sein kann.

In schlichterer Weise erlebe ich in Beratungen immer wieder,
was sich auftut, wenn Menschen sich vergegenwärtigen, was
in ihrem Leben wertvoll ist, unverzichtbar wichtig, lebenswert.
Mir erscheint, das, was uns wesentlich ist, wie ein inneres
geistiges Gewebe, das eine innere Ordnung kennt und aufbaut.

Wo wir in einem Konflikt sind, in einem äusseren oder inneren,
kann es sein, das eines, was uns wesentlich wichtig ist, so bedroht
zu sein scheint oder verletzt ist, dass die ganze innere Ordnung mit
bebt.

Also schauen wir achtsam und voller Achtung nach dem Wertvollen,
der versteckten Grösse im Konflikt und achten darauf, was sich
neu ordnen will.


Eine unserer inneren Ordnungen
ist die urschöpferische Gesetzmäßigkeit,
dass alles zwei Seiten hat, zwei Grenzen, zwei zusammengehörende Pole.
Körperlich, seelisch, geistig
streben sie danach, miteinander zu leben,
sich gegenseitig zu erkennen,
ihren Rhythmus zu finden,
eine gemeinsame Spannungsbalance zu bilden.
Innen wie aussen, aussen wie innen.
Unten wie oben, oben wie unten.
Hell- dunkel
Licht – Schatten.
Es ist Ihnen sicherlich vertraut.

Konflikte in Gruppen und auch beim Einzelnen
entstehen, wo ein dazugehörender seelischer Teil
nicht wahrgenommen wird, nicht angenommen werden kann.
Da bleibt einer allein übrig, wird übergewichtig schwer,
vielleicht masslos – findet seine dazugehörende Grenze
nicht in sich selbst; erkennt sie vielleicht erst einmal in einem äusseren
Gegenüber und Aussen- Kontakt.
Ein Schlüssel in vielen Konflikten.


Und ein nicht endender schöpferischer Entwicklungsweg:
Mein Wort braucht sein Gegenwort.
Mein mir so lieber Wert seinen Gegenwert.
Meine Sicht die Gegensicht.
Ich den so anderen.
Ja, manchmal kann ich meinen eigenen Schatten
erst im angrenzenden Auge des anderen sehen.

Was braucht es, dieses wahrzunehmen
und nicht dagegen anzukämpfen und zu polarisieren.

Wieviele seelische eigene und im grösseren Raum
wie viele inter-kulturelle und inter- religiöse Kämpfe drängen
in dieses Wahrnehmen.

Jakob m u s s zu seinem Bruder gehen.
Was zusammengehört drängt zueinander.
Und braucht an der Furt
dieses Ringen, diesen wahrhaftigen inneren Kampf
mit dem was zwischen ihnen ist. (steht)

Wo zwei zusammen gehörende Seiten,
zusammenkommen
und den Raum zwischen sich wahrnehmen,
den sie bilden,
entsteht ein Spannungsfeld,
Raum einer lebendigen Polarität.

Ihr ist zu eigen,
das sie von einer über sie hinausgehenden Einheit
umgriffen wird, die auf die Mitte im Raum
(zwischen den beiden Polen )hinweist.

In Jakobs Geschichte
Ist diese über das Geschehen hinausgehende Einheit
seine Bitte um den Segen,
der die ganze Geschichte umarmen, umhüllen kann
und in seiner Mitte Versöhnen aufleuchten lässt.

Jakobs Stern ist aufgegangen.
Uns allen gilt dieser Segen, und ich wünsche ihn uns.

Um diesen Segen wissend,
wag ich mich an die nächste
sicherlich kommende Grenze.

Vielen Dank.


© Heidemarie Langer

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